Wer für die interne Kommunikation verantwortlich ist, weiß: Die Kommunikationskultur, also die Art und Weise, wie wir einander mitteilen, hat großen Einfluss darauf, wie sich die Menschen in einem Unternehmen verhalten. Zum Glück verstehen das auch immer mehr Entscheider.
Der Zusammenhang zwischen Unternehmenskultur und gelingender interner Kommunikation leuchtet vielen ein. Und sie wissen auch, wie wichtig eine gute Unternehmenskultur für die Motivation und Identifikation der Mitarbeiter*innen ist.
Eine professionelle interne Unternehmenskommunikation moderiert zwischen Ebenen und Interessen, sie ermöglicht den Dialog und hält den Informationsfluss in Gang, kurz: Sie gestaltet mit an einer günstigen Kommunikations- und Führungskultur im Unternehmen.
Was können Unternehmen nun tun, um ihre Kommunikationskultur zu verbessern?
Es gibt einiges, was Führungskräfte und Kommunikationsverantwortliche tun können, damit die interne Kommunikation und die Kommunikationskultur verbessert wird:
1. Geeignete Kommunikationsgelegenheiten schaffen
Um in einer Organisation gut zusammenzuarbeiten, braucht es logischerweise überhaupt erstmal Gelegenheiten, um miteinander zu kommunizieren, also etwas mitzuteilen – schriftlich, mündlich, persönlich, digital. Zu den Formaten gehören Besprechungen, Jour fixe, Intranet, Newsletter, Versammlungen oder auch das altbekannte Schwarze Brett. Und natürlich viele weitere interne Medien und technische Tools. Heißt das nun, du brauchst neue Tools, nach dem Motto “viel hilft viel”? Nicht unbedingt.
Entscheidend ist für mich (zunächst) nicht, wie viele und welche Tools, Medien und Formate du für diese Gelegenheiten nutzt. Viel wichtiger ist die Art und Weise, wie du sie organisierst und moderierst. Das Wie entscheidet darüber, ob Kommunikation und Zusammenarbeit begünstigt werden – oder eben gehemmt.
Was heißt nun geeignet? Ganz einfach, dass du nicht unbedacht agieren sollst. Überlege genau, was du mit dem Format erreichen willst: Soll Dialog und Austausch gefördert werden? Sollen in erster Linie Sachinformationen verbreitet werden? Willst du Menschen emotional ansprechen und Verbindungen schaffen? Geht es dir um die Moderation unterschiedlicher Perspektiven? Sollen Ideen entwickelt werden? Sollen Entscheidungen vorbereiten oder sogar getroffen werden? Davon hängt es ab, welches Format und welches Medium geeignet ist.
2.Auf die Strukturen achten
Und nun überleg mal, was dich normalerweise leitet, wenn du bestimmst, wer beispielsweise an einer Besprechung teilnimmt, in der eine Entscheidung vorbereitet werden soll. Machst du es einfach wie immer? Oder wovon hängt es ab?
Du könntest dich fragen:
- Was ist das Verbindende zwischen den Teilnehmer*innen? Haben sie eine gemeinsame Aufgabe? (Oder geht es vielleicht nur darum, dass niemand sich übergangen fühlt und deshalb lieber einen zu viel als zu wenig einladen?)
- Und wenn sich ausschließlich diejenigen versammeln, die tatsächlich eine unmittelbare gemeinsame Aufgabe haben: Ist allen diese gemeinsame Aufgabe bewusst? Gibt es noch andere, die auch diese Aufgabe haben und dazugehören?
- Vielleicht öffnest du den Kreis auch für alle, die sich für eine Aufgabe interessieren und unterstützen wollen? Niemand muss, aber jeder kann teilnehmen? Wie ist sichergestellt, dass auch andere, die diese Aufgabe haben, von den Ergebnissen erfahren?
- Gab es schon einmal Gelegenheiten, bei denen das Thema oder die gemeinsame Aufgabe behandelt worden ist? Was ist daraus geworden? Wer war daran beteiligt?
Du siehst, allein um den Teilnehmerkreis sinnvoll zu bestimmen, sind schon ziemlich viele Überlegungen nötig. (Und von den Anforderungen an Vorbereitung, Moderation, Dokumentation, Abstimmungsarten, Verbreitung der Ergebnisse usw. haben wir noch gar nicht gesprochen.)
Die Überlegungen orientieren sich an dem Systemprinzip der Zugehörigkeit. Die Antwort auf die Frage “Wer gehört dazu?” wird in diesem Fall bestimmt von der gemeinsamen Aufgabe. Wenn Zugehörigkeiten in einem System nicht klar geregelt sind, können Verwirrung und Distanz entstehen. Über die gemeinsame Aufgabe kann ein Zugehörigkeitsgefühl geschaffen werden.
3. Trainieren von Spannungskompetenz
Das klingt vielleicht nach Sport und Fitness, meint aber weniger körperliche als geistige Kraft und Flexibilität. Wenn Menschen miteinander sprechen, Informationen weitergeben, sich begegnen, gemeinsame Entscheidungen treffen oder Probleme lösen sollen, kommt es oft zu ganz unterschiedlichen Positionen und Meinungsverschiedenheiten. Oft versuchen die Kontrahent*innen dann, mit noch mehr Argumenten oder größerer Vehemenz die Gegenseite zu überzeugen – und die will es einfach nicht einsehen. Kennst du, oder?
Die Frage ist also: Wie wird mit Spannungen und Konflikten umgegangen? Werden sie angesprochen? Wird nach einer ausbalancierten Lösung gesucht? Wie kannst du eine Lösung der Spannung erleichtern? Und wie kann über Konflikte, hinter denen meist entgegengesetzte Werte stehen, auf eine gute Art gesprochen werden?
Du kannst deine Spannungskompetenz, also deine Fähigkeiten mit diesen Spannungen umzugehen, trainieren, indem du genau hinhörst, welche Werte sich in den unterschiedlichen Positionen erkennen lassen. Und die beiden Lager dann zu einem Perspektivwechsel einladen.
Person A sagt zum Beispiel “Die Einhaltung dieser Regelung müssen wir doch nicht kontrollieren. Ich vertraue meinen Leuten.” Und Person B vertritt die Position: “Nein, nein, wenn wir das nicht überprüfen, wird das ausgenutzt und ist dann auch unfair gegenüber denen, die sich an die Regelung halten.” Dann könntest du darin eine Spannung zwischen Vertrauen (Person A) und Kontrolle (Person B) hören. Jetzt könntest du beide fragen:
- Was ist die Übertreibung zum für Person A wichtigen Wert Vertrauen? Möglicherweise werden Begriffe geäußert wie “naiv, blindes Vertrauen, unverantwortlich”.
- Was ist die Übertreibung zum für Person B wichtigen Wert Kontrolle? Vielleicht wird so etwas genannt wie “Kontrollzwang, Misstrauen, Entmündigung”.
- Nun könnte Person A überlegen, was sie tun kann, damit der ihr wichtige Wert Vertrauen nicht übertrieben wird.
- Und Person B könnte überlegen, was sie ihrerseits tun kann, damit der ihr wichtige Wert Kontrolle nicht übertrieben wird.
Das mag sich anstrengend anhören und vielleicht ist es das am Anfang auch. Aber wie bei Muskeln gilt auch für Kompetenzen: Man kann sie trainieren, immer wieder üben und mit jedem Mal gelingt es ein bisschen besser. Und die Mühe lohnt sich, denn verschiedenen Perspektiven auf eine Sache und die dahinterstehenden Werte einfach nur anzusprechen, trägt oft schon viel zum gegenseitigen Verständnis bei und ebnet den Weg zu einer Lösung. Möglicherweise lassen sich dann leichter Wege finden, wie beide Positionen ausbalanciert werden.
Die Sprache spielt dabei (natürlich) eine wichtige Rolle. Wie du über etwas sprichst, drückt aus und beeinflusst deine Beziehungen zu anderen Menschen. Deshalb nun Tipp Nummer vier.
4.Ungünstiges Kommunikationsverhalten ansprechen
Anstatt sich im Stillen über die kommentarlos und verzögert weitergeleitete E-Mail oder die nachlässige Moderation beim letzten Meeting zu ärgern, kannst du das zum Anlass nehmen, um mit der Absender*in und auch mit anderen über hilfreiche und günstige Kommunikation zu sprechen.
Teile mit anderen, welche Ideen und Vorstellungen du dazu hast. Oft ist solches ungünstige Verhalten unbedacht übernommen.
Und wenn nicht? Lass dich nicht von Widerstand entmutigen. Auch wenn “die anderen das doch auch so machen”: Du machst es anders. Du legst Wert auf eine günstige Kommunikationskultur. Deine Kolleg*innen und Mitarbeiter*innen werden es schätzen (und es dir vermutlich nachmachen, wenn es gut läuft).
Zu einem günstigen Kommunikationsverhalten zählt für mich zum Beispiel das Prinzip “Beschreiben statt bewerten.”
Unsere Sprache vermittelt unsere Sicht auf die Welt, wie wir sie sehen und bewerten. Das mag uns schlüssig und selbstverständlich erscheinen, ist aber in jedem Fall subjektiv. Wer seine Sicht und seine Werte als absolut auffasst, trägt wenig zur Verständigung mit anderen Menschen bei, die ja ebenfalls ihre subjektive Sicht auf die Welt haben. In Besprechungen hilft diese Einstellung nicht weiter. Pflege stattdessen lieber einen Kommunikationsstil, der Sachverhalte beschreibt und sie nicht bewertet. Beschreibe deine Meinungen, aber auch Gefühle und Einwände mit einem Bezugspunkt. Das heißt, deine Aussagen solltest du mit einem klaren Bezug zu Zeit, Sache, Raum und Person versehen. “Das ist ein schlechtes Ergebnis.” wirkt anders als “Das Ergebnis der letzten zwei Wochen (Zeit) dieses Projekts (Sache) halte ich (Person) für nicht akzeptabel, weil…”
Mehr zum günstigen Kommunikationsverhalten findest du zum Beispiel hier.
Und schließlich noch ein letzter Tipp.
5. Sorge für Verbindungen
Wer sich begegnet und erleben kann, wie der oder die andere arbeitet, was ihn beschäftigt oder ihr wichtig ist, kann auch Gemeinsamkeiten erkennen. Und Gemeinsamkeiten schaffen Verbindungen. Und wer sich miteinander verbunden fühlt, spricht miteinander und teilt Informationen. (Falls du für die interne Kommunikation verantwortlich bist, erhöhst du damit zugleich die Chance, dass auch du über deine unternehmensinternen Kontakte von den wirklich interessanten Dingen jenseits der offiziellen Mitteilungen erfährst.)
Du kannst den Dialog zwischen den Menschen in deiner Arbeitsumgebung also stärken, indem du für Verbindungen sorgst. Besonder viel Spaß macht das, wenn du Begegnungen ermöglichst, die in anderen als den üblichen Kontexten stattfinden.
Es gibt viele tolle Initiativen in Unternehmen, die Menschen aus unterschiedlichen Bereichen in ungewöhnlichen Kontexten zusammenbringen. Hier nur zwei davon:
Ein unternehmensinternes Barcamp
Du glaubst gar nicht, was deine Kolleg*innen alles können. Eine ist Hundetrainerin. ein anderer weiß, wie man aussortierte Kleidung sinnvoll weiterverwerten kann. Ein dritter hat mal ein Jahr in Südamerika gelebt und in einem Forstprojekt gearbeitet. Eine weitere hat in ihrer Freizeit ein Netzwerk für Frauen in der Digitalbranche mitaufgebaut. Mach den Schatz an Erfahrung und Wissen sichtbar bei einem unternehmensinternen Barcamp! Tauche ein in den Strom an Ideen und Impulsen, der ein Barcamp so lebendig macht. Wie das geht? An einem Tag versammeln sich freiwillig alle aus einem Unternehmen, die etwas zu einem selbst gewählten Thema anbieten wollen. Jeder kann sein oder ihr Thema präsentieren und Diskussionen anstoßen. Das Format ist nicht nur ideal, um neue Ideen zu gewinnen oder gemeinsame Initiativen zu starten, sondern lässt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Experten sichtbar werden. Vielleicht sogar auf ungeahnten Gebieten, wer weiß?
Perspektivwechsel im Job-Shadowing
Wissen eigentlich alle, was die Kolleg*innen drüben aus dem anderen Bereich den ganzen Tag so machen? Wechselt doch mal die Perspektive und lauft einen Tag oder eine Woche mit einer Kolleg*in mit. Schau über Schultern und den Tellerrand. Erst durch das eigene Erleben, durch die vielen Details, die den Arbeitsalltag, die Abläufe und Inhalte prägen, gewinnst du einen Eindruck, wie andere Abteilungen arbeiten und ticken. Manche Hintergründe für bestimmte Vorgehens- und Verhaltensweisen werden für dich möglicherweise besser nachvollziehbar.
Nicht nur kannst du so gute Ideen übernehmen (oder vielleicht sogar teilen), es entsteht ein besseres gegenseitiges Verständnis. Vorher getrennte Wirklichkeiten nähern sich ein wenig an.
So, das war eine ganze Menge.
Wenn du erst Mal nur einen dieser Tipps beherzigst oder eine dieser Ideen ausprobierst, hast du schon viel erreicht. Falls du magst, schreibe mir eine E-Mail oder in die Kommentare, was du bei deinen Experimenten für Erfahrungen gesammelt hast.
Du möchtest gerne eine individuelle und praktische Unterstützung bei dir im Unternehmen oder im Team? Nimm gerne Kontakt zu mir auf. Oft hilft schon der Blick von Außen, um zu einer guten eigenen Lösung zu kommen.